Eisennadeln

Intermetallische Phase (Verbindung) vom Typ Al5FeSi (auch β-Al5FeSi bzw. β-AlFeSi bezeichnet), auftretend in Al-Si-Legierungen (siehe Aluminiumguss), die Eisen als Verunreinigung enthalten.

Diese Phase weist dreidimensional betrachtet plattenförmige Strukturen auf, die jedoch im metallografischen Schliff meist quer angeschliffen werden und deshalb im Gefüge nadelförmig erscheinen (Bild 1). Als Eisennadeln werden daher immer die plattenförmigen β-Al5FeSi-Phasen verstanden.

Eisen ist als Verunreinigung in vielen Aluminiumlegierungen enthalten. Bereits 1926 stellten D. Stockdale und I. Wilkinson fest, dass die in Al-Si-Legierungen sich bei der Erstarrung ausbildenden eisenhältigen Phasen in hohem Maße die mechanischen Eigenschaften negativ beeinflussen. Es ist mittlerweile bekannt, dass die plattenförmigen β-Al5FeSi-Phasen sich dabei weit ungünstiger auf die Eigenschaften auswirken, als die meist zugleich vorkommende aber schriftförmig ausgebildete α-Al15(Fe,Mn)3Si2-Phase (oft auch auch α-AlFeMnSi-Phase bezeichnet, siehe Bild 2). Insbesondere Bei höheren Fe-Gehalten treten die Eisennadeln gehäuft als Gefügeanomalie auf. Vereinzeltes Auftreten und kleinere Nadeln sind aber durchaus charakteristisch im Gefüge von eisenhältigen Druckgusslegierungen (Bild 2).

Die Bildung der eisenhältigen Phasen und deren Morphologie sind vor allem von der chemischen Zusammensetzung und der Erstarrungskinetik (s. Erstarrungsgeschwindigkeit) abhängig. Es ist bekannt, dass Zusätze von Mangan die Form und Ausbildung der eisenhältigen Phasen in Richtung schriftförmiger oder polyhedraler Strukturen begünstigen, insbesondere ist dabei auf ein korrektes Fe/Mn-Verhältnis zu achten (siehe auch Vergleich zwischen Bild 4a mit 1 % Fe und Bild 4b mit 1 % Fe + 0,5 % Mn).

Da klassische Druckgusslegierungen relativ viel Eisen enthalten (zur Reduktion der Klebeneigung) und die Erstarrung relativ rasch erfolgt, kann die Bildung von Eisennadeln dabei jedoch nicht verhindert werden. Grundsätzlich treten bei Fe-Gehalten über 0,9 % verstärkt Eisennadeln im Gefüge auf, was sich vor allem negativ auf die Bruchdehnung auswirkt. Der Grund liegt in der Bildung eines ternären Al-Si-Al5FeSi-Eutektikums ggü. dem sonst binären Al-Si-Eutektikum. Die großen Nadeln bilden sich dabei bevorzugt voreutektisch, während kleinere Nadeln eher koeutektisch auftreten. Bild 3 gibt die bei der Erstarrung von AlSiCuFe-Legierungen entstehenden Phasen, deren Bildungszeitpunkt und Bildungstemperatur und Morphologie wieder. Bei langen Haltezeiten und zu geringer Warmhaltetemperatur kann das Fe in polygonalen AlFeMn-Phasen abgebunden werden, die als Schwereseigerungen bezeichnet werden (siehe Seigerfaktor).

Dass die β-Al5FeSi-Phasen dreidimensional als vernetzte Plattenstruktur vorliegt, haben C. M. Dinnis u.a. beschrieben und durch schichtweises Abtragen von Schliffen und die nachfolgende 3D-Rekonstruktion der Schichtaufnahmen festgehalten (Bilder 4 bis 6).

Bei Sand- und Kokillengusslegierungen (s. Aluminium-Kokillengusslegierungen) ist der Eisengehalt in der Regel stark eingeschränkt, so dass kaum eisenhaltige Phasen auftreten. Für die Anwendung im Druckguss wurde eine Reihe eisenarmer Legierungen entwickelt (z. B. die Al Si9MnMg-Druckgusslegierung), bei denen vor allem der Mn-Gehalt erhöht wurde. Ab einem Gehalt von 0,6 % Mn nimmt auch die Klebeneigung ab, durch das Fehlen von Eisennadeln im Gefüge können auch mit Druckgussbauteilen dann sehr hohe Bruchdehnungen und eine gute Duktilität erzielt werden.

Weiterführende Literatur:
Intermetallische Phase
Harte Stellen
Seigerfaktor
Schwereseigerung
Seigerungsfaktor
Seigerung
Kristallseigerung
Mikroseigerung

Literatur:
Stockdale D., Wilkinson I., Properties of modified aluminum-silicon alloya, J. Inst. Met., 1926.
Dinnis C. M., Taylor J. A., Dahle A. K., As-cast morphology of iron-intermetallics in Al-Si foundry alloys, Scripta Materialia 53 (2005) 955-958.
Shabestari S. G., The effect of iron and manganese on the formation of intermetallic compounds in aluminum-silicon alloys, Mat. Science & Eng. A 383 (2004) 289-298.

  • Bild 1: Massive Schädigung des Gefüges durch Al5FeSi-Eisennadeln im Gefüge einer AlSi7Mg-Legierung mit 1,5% Fe, Quelle: H. Rockenschaub, FT&E
  • Bild 2: Gefüge einer Druckgusslegierung Al Si9Cu3(Fe) mit den typischen auftretenden Phasen (500:1, geätzt mit Keller-Wilcox), nach H. Rockenschaub, FT&E, in Anlehnung an das Originalbild im Metallographic Atlas of Cast Alu-minium Alloys β-Al5FeSi - nadelförmig α-Al15(Fe,Mn)3Si2- chinesenschriftförmig Al2Cu - knäuelförmig Si - als eutektisches Si im (Al+Si)-Eutektikum ausgeschieden, körnig Helle Bereiche - α-Al-Mischkristall
  • Bild 3: Phasen in untereutektischen AlSiCuFe-Systemen, deren Bildungszeitpunkt und Bildungstemperatur und Morphologie, nach H. Rockenschaub, FT&E
  • Bild 4: Gefügebereiche zur Rekonstruktion der 3-dimensionalen Struktur von eisenhältigen Phasen durch sequentielles Abschleifen nach C. M. Dinnis et al. a) AlSi9, 1 % Fe, Bereich Rekonstruktion der β-Al5FeSi-Eisennadeln b) AlSi9, 1 % Fe + 0,5% Mn, Bereich der Rekonstruktion der α-Al15(Fe,Mn)3Si2-Phase
  • Bild 5: 3-dimensionale Rekonstruktion des Gefügebereiches aus Bild 4a, α-Al5FeSi-Platten-Netzwerk in allen 3 Raumrichtungen (C. M. Dinnis et al.)
  • Bild 6: 3-dimensionale Rekonstruktion des Gefügebereiches aus Bild 4b, α-Al15(Fe,Mn3Si2-Knäuel in allen 3 Raumrichtungen (C. M. Dinnis et al.)