Erstarrungsverhalten

Während der Erstarrung aus der Schmelze können metallische Kristalle oder Kristallaggregate (z. B. eutektische Körner) vielfältige Formen annehmen. Die Beschreibung der Gestalt wachsender Kristalle ist die Aufgabe der Erstarrungsmorphologie. Zwischen der Erstarrungsmorphologie und den Gießeigenschaften sind grundlegende Zusammenhänge herausgearbeitet worden, so dass bei Kenntnis des Erstarrungsverhaltens einer Legierung vielfach zuverlässig auf ihr gießtechnisches Verhalten in der Praxis geschlossen werden kann.

Kristalle können sich an der Formwand (exogen) oder im Inneren der Schmelze bilden bzw. dorthin transportiert werden (endogen). Beim weiteren Wachstum bleiben sie entweder kompakt oder verzweigen sich (Dendritenbildung).

Exogen gebildete Kristallitewachsen aufgrund des zur Formwand gerichteten Wärmeflusses langgestreckt in Richtung auf die Schmelze. Makroskopisch stellt ein Bündel von kristallografisch ähnlich orientierten, parallel ausgerichteten Dendritenachsen einen Stängelkristall dar, der z. B. bei einer Makroätzung des Gussgefüges sichtbar gemacht werden kann. Aufgrund des ungerichteten Abflusses der Erstarrungswärme in die Schmelze wachsen sich endogen gebildete Kristallite in der Schmelze zu rundlichen Körnern (Globuliten) aus (Bild 1). (s. a. gerichtete Erstarrung, ungerichtete Erstarrung).

Zur Klassifizierung der in der Praxis vorkommenden Erstarrungsabläufe lassen sich typische Arten der Erstarrung definieren (s. Erstarrungstyp). Zwischen den dort beschriebenen Erstarrungstypen treten Übergangsformen auf. So kann ein Gusswerkstoff bei der Erstarrung auch mehrere Erstarrungstypen durchlaufen. Insbesondere bei untereutektischen Legierungen sind Primärkristallisation und anschließende eutektische Kristallisation nach Bild 2 in der Regel verschiedenen Erstarrungstypen zuzuordnen.

Reine Metalle erstarren glattwandig. Eine Erhöhung des Legierungsgehalts verschiebt die Erstarrung über den rauhwandigen zum schwamm- oder breiartigen Typ. Eine Erhöhung der Abkühlungsgeschwindigkeit kann eine schwammartige Erstarrung zur rauhwandigen, eine rauhwandige Erstarrung zur glattwandigen verschieben. Bei den endogenenErstarrungstypen führt eine schnellere Abkühlung zur verstärkten Schalenbildung. Impf- und Kornfeinungsbehandlungen haben bevorzugt endogeneErstarrung zur Folge; hier bildet sich bei der Erstarrung oft ein feinkörniger Brei.



  • Bild 1: Nomenklatur von Erstarrungsgefügen (nach S. Engler)
  • Bild 2: Erstarrung einer untereutektischen Legierung (nach S. Engler):a) Legierungszusammensetzung b) Primärkristallisationc) eutektische Kristallisationd) eutektischer Punkt