Kaltharzverfahren

Diese Verfahren sind durch die Verwendung verschiedenerorganischer Bindersysteme gekennzeichnet, die bei Raumtemperatur durch Polymerisation oder Polyaddition selbständig aushärten (siehe Härtung).

Die Herstellung von Formen und Kernen ist möglich, die Formstoffe sind gut schüttfähig, da die Binder eine niedrige Viskosität besitzen. Als Formgrundstoff für die verschiedenen Kaltharzverfahren werden bevorzugt trockene, schlämmstofffreie, gewaschene Quarzsande verwendet. Bei Verfahren mit Säurehärtung sollten diese keine säurelöslichen Bestandteile enthalten. Außerdem können Zirkonsande, Chromitsande und bedingt auch Olivinsande verwendet werden (s. Spezialsand).

Einige typische Formstoffzusammensetzungen für verschiedene Verfahrenvarianten zeigt die Tabelle 1. Die Verarbeitungscharakteristik kann durch eine entsprechende Kombination von Harzen, Härtern bzw. den Binder- und Härteranteil in praktisch beliebigen Grenzen eingestellt werden. Aus technologischer Sicht sind diese Formstoffe praktisch universell einsetzbar. Die chemisch härtbaren Binder bestehen aus kleinen organischen Molekühlen mit reaktionsfähigen Gruppen, welche unter der Wirkung von Katalysatoren (Härtern) in hochmolekulare Stoffe übergehen. Im Formstoff führt dies zur irreversiblen Verfestigung der Sandkörner.

In der Formherstellung wird das Kaltharzverfahren bevorzugt für mittlere bis große Gussteile im Massebereich von 0,5 bis 50 t für die Einzel- und Serienfertigung eingesetzt (s. Kaltharzformlinie, Kaltharz-Formanlage).

Die maximalen Gussteilwanddicken, die ohne größere Penetrationsfehler abgegossen werden können, liegen im Bereich von 50 bis 100 mm. Typische Einsatzgebiete sind der Werkzeugmaschinenguss, Gussteile für den allgemeinen Maschinenbau, Walzenguss, Gussteile für Windkraftanlagen und polygrafische Maschinen.

In der Kernfertigung kommt das Kaltharzverfahren für mittlere und große Kerne von 50 bis 4000 dm3 Formstoffvolumen zum Einsatz. Auch hier setzt die thermische Belastbarkeit des Formstoffes gewisse Einsatzgrenzen im Hinblick auf die maximal mögliche Wanddicke und die Art des Gusswerkstoffs.

Für Stahlguss und Gussteile aus Aluminiumlegierungen gibt es Beschränkungen (thermische Beständigkeit, Restfestigkeit, Kernzerfall). Der Altformstoff lässt sich gut regenerieren. Der Regenerierungsgrad lässt sowohl nach mechanischer Regenerierung als auch nach pneumatischer Regenerierung einen hohen Wiedereinsatz zu. Das Regenerat ist mit allen üblichen Formstoffen gut verträglich und ermöglicht somit auch den Wiedereinsatz in anderen Formverfahren.

Zur Aufbereitung werden vorwiegend Durchlaufmischer verwendet. Am Anfang des Mischtroges erfolgt die Zugabe von Quarzsand und Katalysator, nach dem Mischen beider Komponenten wird der Binder zugesetzt. Am Ende des Mischtroges kann der fertig gemischte Formstoff direkt entnommen und in das Formwerkzeug eingefüllt werden. Über Dosiereinrichtungen wird die genaue Zugabe der flüssigen Komponenten realisiert. Die Verarbeitungscharakteristik kann durch eine entsprechende Kombination von Harzen, Härtern bzw. den Binder- und Härteranteil in praktisch beliebigen Grenzen eingestellt werden. Aus technologischer Sicht sind diese Formstoffe praktisch universell einsetzbar.

Die Grundprinzipien der Verfestigung von Kaltharzformstoffen beruhen auf der Polykondensation (Phenol-, Furanharze) oder der Polyaddition organischer Verbindungen, die zu einem Molekülwachstum bei gleichzeitiger Härtung führen. Dabei werden Ausgangsharze durch die Einwirkung starker Säuren zu irreversiblen, hoch vernetzten, makromolekularen Harzen unter Abspaltung eines niedrigmolekularen Produktes (meist Wasser) kondensiert.

Zunächst wurde Phosphorsäure als Katalysator eingesetzt. Der Nachteil dieser Säure besteht darin, dass sie schwer flüchtig ist und sich so im Regenrat leicht anreichert, was zu Pinholebildung, vor allem bei Stahlguss kann. Deshalb werden zunehmend verschiedene Sulfonsäuren (Para-Toluolsulfonsäure, Xylolsulfonsäure) verwendet, die leichter flüchtig sind.

Ein wesentlicher Vorteil der Phenolharze besteht im geringen Anteil an Stickstoff. Nachteilig im Vergleich zu Furanharzen ist die höhere Schadstoffbelastung (freies Phenol, freies Formaldehyd), die niedrigere Thermoplastizität und höhere Temperaturempfindlichkeit (Tabelle 2).

Wichtige Einflussgrößen, die die Härtung von organischen kaltselbsthärtenden Formstoffen beeinflussen, sind der Härtergehalt, die Quarzsandfeuchte und -temperatur, die Luftfeuchte und -temperatur, der Regeneratanteil und die Regeneratqualität. Die Bilder 1 bis 3 zeigen Beispiele.

Weiterführende Stichworte:
Anorganische Bindersysteme
Formherstellung
Harzumhüllter Sand
 

  • Tabelle 1: Formstoffzusammensetzungen für verschiedene Verfahrensvarianten
  • Tabelle 2: Vor- und Nachteile der Kaltharzverfahren
  • Bild 1: Einfluss des Härtergehaltes auf die Biegefestigkeit (nach W. Tilch);1) Harzgehalt 0,5 % 2) Harzgehalt 1,0 %3) Harzgehalt 1,5 %
  • Bild 2: Einfluss des Härtergehaltes auf die Verarbeitungszeit (nach W. Tilch);1) Furanharz; 2) Phenolharz
  • Bild 3: Einfluss der Luftfeuchte auf die Biegefestigkeit (nach W. Tilch);2 % Furfurylalkohol; 0,6 % PTS; Härtezeit 6 h
  • Bild 4: Mechanisierung der Handformerei, typischer Formkreislauf im Kaltharzbereich (FAT Förder- und Anlagentechnik GmbH, Niederfischbach)