Keimhaushalt

Menge der bei der Erstarrung wirksamen Keime.

Durch Schmelzbehandlungen kann der Keimhaushalt der Schmelze und davon ausgehende Einflüsse auf das Gefüge und die Eigenschaften gezielt verändert werden.

Folgende Faktoren haben dabei die größte Bedeutung: die Schmelzüberhitzung und die Impfung.
Durch eine Schmelzeüberhitzung werden die Keimbildungsbedingungen der Gusseisenschmelze verschlechtert. Dies beruht darauf, dass mit erhöhter Temperatur die Löslichkeit der Keime in der Schmelze zunimmt und durch die abnehmende Viskosität können außerdem suspendierte Teilchen schneller an die Oberfläche des Bades steigen. Besteht keine Möglichkeit einer erneuten Ausscheidung von Keimen, so erstarren Primäraustenit und Grafiteutektikum von wenigen Zentren aus und im Allgemeinen bei hoher Unterkühlung. Die Folge ist ein strahliges Wachstum der Primärdendriten, grobe eutektische Zellen und somit stark unterkühlter Graphit (D-Grafit). Bei stark untereutektischer Zusammensetzung besteht dabei auch die Neigung zur Bildung von interdendritischem E-Grafit.

Durch Impfung einer solchen Schmelze, beispielsweise mit FeSi-Impflegierungen, werden durch dessen Auflösung örtliche Übersättigungen erzielt, die die Keimbildung begünstigen. Diese Behandlung ist umso effektiver, je niedriger die Temperatur der Schmelze bei der Impfung ist.
Durch die Impfung wird die Zahl der Fremdkeime erhöht, die dann die Grafitausscheidung bei der Erstarrung stark fördern sowie auch die Bildung einer vermehrten Zahl entsprechend kleinerer eutektischer Zellen mit lamellarem Grafit (A-Grafit). Dieses Gefüge ermöglicht eine Steigerung der Zugfestigkeit bis zu 30 % und die Gefahr der Weißeinstrahlung bzw. der Kantenhärte wird stark gemindert (s. Kantenhärte, Weißeinstrahlung). Die Impfwirkung ist bei untereutektischen Schmelzen wesentlich stärker als bei eutektischen.

Der Impfeffekt ist zeitlich nicht stabil. Das Abklingen führt nach 20 bis 30 Minuten wieder auf den Ausgangs-Gefügezustand zurück (s. Abklingeffekt). Die Ursache ist, dass die Fremdkeime in verstärktem Maße koagulieren, durch ihren Auftrieb an die Oberfläche gelangen und dort verschlackt werden.