Kokillengießverfahren

Beim Kokillengießen werden Schmelzen unter dem Einfluss der Schwerkraft oder geringer Drücke in Dauerformen steigend oder fallend vergossen. Je nach Verfahren unterscheidet man

Hauptanwendungsgebiete sind der Leichtmetall-Kokillenguss (Aluminium-Kokillengusslegierungen und Magnesiumlegierungen) und Schwermetall-Kokillenguss (hauptsächlich Messing); außerdem wird auch Gusseisen in Kokille vergossen.

Unter Berücksichtigung der Werkzeugkosten können breit gespannte Seriengrößen abgedeckt werden.

Füllung und Erstarrung

Das Füllen kann bei einfachen Kokillen von Hand vorgenommen werden, eine Kokille mit mechanischen Bewegungselementen ist in Bild 1 dargestellt. Bei größeren Serien werden Kokillengießmaschinen (Bild 2) oder mechanisierte bzw. automatisierte Kokillengießanlagen eingesetzt. Die einzelnen Arbeitsgänge wie Kern einlegen, Schließen der Form, Abgießen, Kühlen, Öffnen der Form, Auswerfen und Entnahme des Gussteiles, Ausblasen und Schlichten können dabei automatisiert erfolgen.

Das Kokillengießen unterscheidet sich vom Sandguss vor allem darin, dass der metallische Formwerkstoff mit seiner - im Vergleich zum Formsand - hohen Wärmeleitfähigkeit eine beschleunigte Abkühlung der erstarrenden Schmelze bewirkt. Als Folge dieser relativ raschen Erstarrung entsteht ein verhältnismäßig feinkörniges und dichtes Gefüge. Damit verbunden sind bessere mechanische Eigenschaften und eine hohe Dichtheit der Kokillengussteile. Die höhere Reproduzierbarkeit bei der Erzielung eines dichten Gefüges hat auch dazu geführt, dass gas- und flüssigkeitsdichte Armaturen, vorwiegend aus Messing in kleiner und mittlerer Abmessungen, bevorzugt im Kokillengießverfahren und nicht im Sandguss hergestellt werden.

Weitere Vorteile des Kokillengießens gegenüber dem Sandguss sind:

  • eine bessere Maßgenauigkeit und hohe Maßhaltigkeit,
  • eine bessere Oberflächengüte und exakte Konturenwiedergabe durch die metallische Dauerform,
  • der Wegfall der Sandaufbereitung,
  • ein hohes Ausbringen bei einfachen Teilen,
  • eine kürzere Herstellungszeit und Taktzeit aufgrund der raschen Erstarrung,
  • die Möglichkeit einen automatisierten Ablauf zu installieren.

Leichtmetall-Kokillenguss

Man unterscheidet Kokillen mit senkrechter und mit waagerechter Hauptteilungsebene bzw. nach der Art auch Vollkokillen, Gemischtkokillen (mit Sandkernen) oder Halbkokillen (mit je einer Sand- und eine Kokillengießhälfte).

Senkrecht geteilte Kokillen können von Hand bedient und zum Gießen auf einen Tisch gestellt werden. Beide Kokillenhälften sind zum passgenauen Öffnen und Schließen mit Führungsdübeln oder Führungsstiften versehen; größere Kokillen werden auf einer zusätzlichen Führungsleiste, die in den Gießtisch eingelassen ist, bewegt.

Kokillen mit horizontaler Hauptteilungsebene bestehen aus einer waagerecht liegenden Grundplatte, auf der zwei oder mehrere Schieber gleiten, die oft einen senkrecht nach oben zu lösenden Metallkern umschließen. Weitere Kerne können zusätzlich in die Schieber und in die Grundplatte eingebaut werden (Bild 3). Bei hohen Stückzahlen und zur Verkürzung der Taktzeit verwendet man auch Gießkarusselle (Bild 4).

Als Kokillenwerkstoffe werden verwendet:

  • Baustähle
  • Gusseisen mit Lamellengraphit
  • Warmarbeitsstähle (ähnlich wie für Druckgießformen aus 1.2343 oder 1.2344, bei höheren Stückzahlen)
  • Spezial-Molybdänlegierungen oder Wolfram-Schwermetalle für besonders hoch beanspruchte Formbauteile

Die kokillengießfähigen Leichtmetallgusswerkstoffe sind genormt (s. Aluminium-Kokillengusslegierungen). Wie für Sandgussstücke sind auch Kokillengussteile uneingeschränkt wärmebehandlungsfähig, schweißgeeignet und dekorativ anodisch oxidierbar, wenn dafür eine geeignete Legierung gewählt wurde.

Die Kokille muss jedenfalls vor dem Gießen einwandfrei geschlichtet und vorgewärmt werden, was in der Regel über Gasbrenner erfolgt. Der Schlichteüberzug hält einige Gießzyklen stand und muss daher nur bei Bedarf wieder ausgebessert oder erneuert werden. Eine ausreichend angewärmte Kokille bedarf normalerweise während des Gießbetriebes keiner weiteren Beheizung: der bei jedem Gießvorgang stattfindende Wärmeaustausch genügt, die gießgerechte Formtemperatur beizubehalten. Bei komplexeren Gussteilen ist aber durchaus eine Zusatzbeheizung oder aber eine Formkühlung erforderlich.

Beim Standard-Kokillengießverfahren erfolgt die Formfüllung mittels Schwerkraft und in der Regel im steigenden Guss (s. a. Gießweise), d. h. die Schmelze wird durch einen Einguss gefüllt, fließt dann über einen Lauf, der unterhalb und ggf. seitlich des eigentlichen Gussteiles angeordnet ist, über den (die) Anschnitt(e) in den Formhohlraum. Damit wird die Form von unten nach oben steigend gefüllt. Auf die Formfüllzeit haben folgende Faktoren einen Einfluss:

Bild 5 zeigt beispielhaft ein Gussteil aus dem Fahrwerksbereich, das hohen Anforderungen an die mechanischen Kennwerte und die Gussstückqualität erfüllen muss.

Bild 6 zeigt eine Kokillen-Gießanlage von Gauss Automazione srl.

Literatur:

Anwendungstechnologie Aluminium, Friedrich Ostermann, Springer Verlag, Berlin, 1998.
Handbuch der gießereitechnischen Berufe, Verlag Europa-Lehrmittel, Nourney, 2004.
Handbuch der Fertigungstechnik, Band Urformen.

  • Bild 1: Handkokille mit mechanischen Bewegungselementen, Quelle: Handbuch der gießereitechnischen Berufe, Verlag Europa-Lehrmittel
  • Bild 2: Kokillengießmaschine
  • Bild 3: Kokille mit hydraulischen Bewegungselementen, Quelle: Handbuch der gießereitechnischen Berufe, Verlag Europa-Lehrmittel
  • Bild 4: Schema eines Gießkarussells, Quelle: Handbuch der gießereitechnischen Berufe, Verlag Europa-Lehrmittel
  • Bild 5: Radträger, hergestellt im Aluminium-Kokillenguss, Quelle und Foto: Wikimedia und Georg Fischer Automotive AG
  • Bild 6: Kokillengießanlage Gauss Automazione srl.