Modellanstrich

Der Modellanstrich bzw. die Modelllackierung (s. Modellack) hat vier Hauptaufgaben zu erfüllen:

  • Erleichterung des Aushebens aus der Form durch Glättung der Oberfläche und Erzielung einer Trennwirkung gegen das Anhaften (Kleben) vom Formstoff am Modell oder Kernkasten (s. Trennmittel)
  • Schutz vor Formstoffeinwirkung durch Reibung, Schlag und Vibration
  • Schutz vor dem Eindringen von Feuchtigkeit und aggressiver Medien in die Formoberfläche, Schutz vor Witterung
  • Farbkennzeichnung für den zu benutzenden Gießwerkstoff bzw. Kennzeichnung von Besonderheiten, die beim Abformen zu beachten sind

Die Kennzeichnung eines Modells erfolgt einerseits durch eine Modellnummer, die den Zusammenhang zwischen dem Modell und den Begleitpapieren herstellt, andererseits kann durch die Farbkennzeichnung nach EN 12890 (ersetzt die DIN  1511) dem Former eine einfache Arbeitsanweisung gegeben werden.

Der Farbton der Grundfarbe gibt dabei Auskunft über den Gusswerkstoff (Tabelle 1), gelbe und rote Striche kennzeichnen die Bereiche der Bearbeitung und schwarze Flächen markieren die Lage der Kerne (Tabelle 2).

Darüber hinaus sind für den Handformer folgende Kennzeichnung von besonderer Wichtigkeit:

Stellen für Abschreckkörper (Kühleisen, Kühlkokillen etc.)
Eine Materialanhäufung kann im Gussstück zu Lunkern führen. Als Abhilfe werden Speiser gesetzt bzw. Kühlkörper für innere Kühlung und Abschreckkörper für äußere Kühlung. Die Abschreckkörper werden zuerst als Modell gefertigt und müssen dabei an das Modell angepasst werden. Damit der Former die richtige Stelle der Lage erkennt, wird diese am Modell gekennzeichnet.

Hohlkehlen (siehe auch Hohlkehle)
Bei Großmodellen mit sehr wenigen Abgüssen wird gelegentlich die Ausführung der Hohlkehlen dem Former überlassen. Am Modell wird dies durch eine gestrichelte Linie und die Angabe des Radius gekennzeichnet.

Dämmteile (siehe auch Dämmteil)
Dünne Holzmodelle müssen oft durch eine Leiste gegen Verzug gesichert werden Diese Leiste wird abgeformt, darf aber nicht mit gegossen werden. Der Formhohlraum muss deshalb mit Formstoff zugedämmt werden, die Kennzeichnung erfolgt mit schwarzen Schrägstrichen.

Im VDG-Merkblatt M 200 sind detaillierte Hinweise über die Beanspruchung des Modellanstrichs beim Abformen, die zu beachtenden Sicherheitsvorschriften bei der Lagerung und Verarbeitung von Modellacken und deren verarbeitungstechnischen Forderungen aufgeführt.

Für die Lackierung sind eine gute Streichbarkeit bzw. Spritzfähigkeit, ein guter Lackverlauf bei geringer Laufneigung, eine hohe Deckkraft, große Trockenschichtdicken, eine hohe Ausgiebigkeit und gute Überlackierfähigkeit für alle im Modellbau gebräuchlichen Werkstoffe erwünscht. Üblicherweise werden mehrere Lackschichten mit geforderten Mindestschichtdicken aufgetragen, wobei die von den Lackherstellern empfohlenen Trocknungszeiten zwischen den einzelnen Arbeitsgängen unbedingt einzuhalten sind.

Der Modellanstrich wird beim Abformen  sowohl mechanisch, physikalisch als auch chemisch beansprucht. Zu nennen sind Stoß- und Schlagbeanspruchung, Abrieb, Wärmeentwicklung bei hydraulisch oder thermoplastisch abbindenden Formstoffen, und Beanspruchungen durch Wasserquellung oder Adhäsion sowie durch chemischen Angriff bestimmter Formstoffbestandteile, Zu letzterem gehört die Verseifung basischer Stoffe oder Reaktionswirkung von Säuren, die als Härter in Sanden mit Kunstharzbindern enthalten sind. Diesen Beanspruchungen müssen hochwertige Modelllacke und -anstriche Stand halten, um ein sicheres, einwandfreies Entformen gewährleisten zu können. Für Holzmodelle kann ein bis zu 3-facher Lackanstrich je nach Holzmodell-Güteklasse vorgesehen sein. Beispiele für unterschiedliche Modellanstriche sind in den Bildern 1 bis 4 ersichtlich.

Literatur:
EN 12890, Gießereiwesen - Modelle, Modelleinrichtungen und Kernkästen zur Herstellung von Sandformen und Sandkernen; Deutsche Fassung EN 12890:2000.
Hasse S. (Hrsg.), Taschenbuch der Gießerei-Praxis, Schiele & Schön, Berlin.
Roller R. et al., Fachkunde für gießereitechnische Berufe, Verlag Europa-Lehrmittel, Nourney, Vollmer GmbH, Haan-Gruiten, 2009.
 

  • Tabelle 1Tabelle 2
  • Tabelle 1Tabelle 2
  • Bild 1: Gießereimodell mit 3 Kernkästen für Gehäuse aus Leichtmetallguss
  • Bild 2: Modell für eine GJS-Rotornabe für ein 5 MW-Windkraftwerk, Foto: Dr.-Ing. Werner Melle Modellbau GmbH
  • Bild 3: Modell für ein Stahlgussgehäuse, Foto: voestalpine Gießerei Traisen GmbH
  • Bild 4: Modell für eine Welle aus Gusseisen mit Lamellengrafit