Wärmebilanz

Die Wärmebilanz ist die rechnerische Ermittlung der zu- und abgeführten Wärmemengen, d.h. die Gegenüberstellung der Wärmeflüsse in einem System.

Beim Gießprozess wird die Wärmebilanz auch als Wärmehaushalt bezeichnet, insbesondere wird diese für Dauerformen ermittelt. Unter dem Aspekt der reinen Wärmezufuhr wird damit der Wärmebedarf verstanden.

Überschlägige Betrachtung des Wärmehaushaltes einer Druckgießform

Beim Druckgießen wird die flüssige Schmelze mit hohen Geschwindigkeiten in die Druckgießform eingebracht (s. Strömungsgeschwindigkeit beim Druckgießen). Das Werkzeug hat dabei die Aufgabe, die Kontur exakt wiederzugeben und durch Wärmeentzug die Erstarrung einzuleiten. Die während der Erstarrung frei werdende Kristallisationswärme (latente Wärme, Erstarrungswärme) wird in die Druckgießform abgeleitet bzw. wird das Druckgussteil danach in der Form so weit abgekühlt, bis eine problemlose Entformung (Auswerfen) mit nachfolgendem, geringem Verzug möglich ist. Dies setzt eine möglichst gleichmäßige Temperaturverteilung im Gussteil nach dem Auswerfen voraus, die sich in hohem Maße auch aus der Temperaturverteilung des Werkzeuges ergibt.

Die Form hat somit eine beträchtliche Wärmemenge aufzunehmen und abzuleiten, damit die Schmelze in der gewünschten Weise erstarrt und abkühlt.

Der Wärmehaushalt einer Druckgießform lässt sich nach H. Rockenschaub unter der Voraussetzung eines quasistationären Betriebszustandes daher vereinfacht wie folgt beschreiben:

Innerhalb eines Zyklus sollte genau jene Wärmemenge an das Druckgießwerkzeug abgegeben werden, welche durch die Schmelze, Erstarrung und Abkühlung des Gussteiles bis zum Entformen in das Werkzeug (in die Form) eingebracht wurde.

Das Druckgießwerkzeug gibt dabei die Wärme durch Strahlung, Konvektion und Wärmeleitung an die Umgebung ab. Wird das Wärmeangebot größer, so muss über die Druckgießform auch eine bestimmte Wärmemenge - von der Form weg -  an das darin zirkulierende Wärmeträgermedium (Wärmeträgeröl oder Wasser) abgegeben werden. Verfügt die Anlage über keine Kühlwasserbatterien, so kann diese Wärmemenge nur in den Temperiergeräten (Heiz- und Kühlgeräten) durch Kühlung abgeführt werden. Die Aufgabe dieser Geräte sind daher das Heizen und Kühlen (die Formtemperierung) und die Sicherstellung einer ausgeglichenen Wärmebilanz (Bild 1). Die prinzipiellen Möglichkeiten des Einbringens bzw. Abführens von Wärme in einem Druckgusswerkzeug sind in Bild 2 angeführt.

Die Wärmebilanz einer Druckgießform kann schematisch wie in Bild 3 in einem sogenannten „Sankeydiagramm“ beschrieben werden. Als Grundlage für die überschlägige Berechnung der Wärmemengen diente ein Aluminium-Druckgussteil (Legierung Al Si9Cu3(Fe)) mit einem Schussgewicht von ca. 2,2 kg und einer Schmelzetemperatur von 670 °C (entspricht einer Gießtemperatur von ca. 620 °C).

Der Wärmeeintrag erfolgt in diesem Beispiel mit einem Anteil von ca. 89 % überwiegend über die Schmelze, zusätzlich gelangen ca. 10 % über die Heizung und das Wärmeträgeröl (Temperiergerät) in die Form. Die kinetische Energie des Schusses geht zu ca. 1 % in die Bilanz als Wärmeeintrag ein.

Die Wärmeabgabe erfolgt in etwa zu 20 % in Form von Strahlung und zu ca. 20 % in Form von Wärmeleitung und Konvektion vor allem an die Aufspannplatten. Je nach Entformtemperatur (Temperatur beim Auswerfen) wird mehr oder weniger Wärme auch über das Druckgussteil abgeführt. Bei einer angenommenen Entformtemperatur von rd. 270 °C werden so ca. 25 % der Gesamtwärme über das Gussteil ausgetragen.

Je nach Kühl- und Sprühkonzept können die Werte in der Wärmebilanz differieren. So werden bei üblichen Pressrest- und Kolbenkühlungsausführungen  etwa 4 % der Wärme abgeführt. Über den Sprühprozess werden ca. 6 % der Wärme von der Druckgießform an das auftreffende Wasser-Sprühmittelgemisch abgegeben. Ein relativ hoher Betrag von ca. 25 % wird im Prozess über das Wärmeträgermedium in die Temperiergeräte abgeführt (Kühlung durch die Temperiergeräte).

Weiterführende Stichworte:
Formtemperierung
Formtemperatur
Öltemperiergerät
Druckwassergerät
Temperiergerät mit Badbeheizung

Literatur:
H. Rockenschaub (FT&E), Gschwandtner R. (ÖGI), Strohmaier R., Zeitelhuber E.(Fa. Robamat Automatisierungstechnik GmbH): Einfluss der Temperierkanäle auf die Vorwärmung und Temperaturregulierung einer Druckgießform, Druckguss-Praxis 3/2007, Seite 97 -107.
Sequeira W., Kind R., Andersen S., Greenless G.: Druckguss-Praxis Nr.6/2006, S. 235-242.
Gorbach P.: Handbuch der Temperierung mittels flüssiger Medien, Hüthig Verlag, 1997.
Breitinger R.: Giesserei 70 (1983), Nr. 5, Seite 133 ff.
Nogowizin B.: Instationäre Temperaturverteilung in den Teilen der Druckgießform, Giessereiforschung 54 (2002), Nr.1, S. 29-37.

  • Bild 1: Formtemperierung mit Heiz-Kühlgeräten von Robamat Automatisierungstechnik GmbH, Aufgaben der Formentemperierung: Aufheizen der Form auf Betriebstemperatur und Halten der Form auf Betriebstemperatur durch Regelung der Formtemperatur
  • Bild 2: Möglichkeiten des Einbringens und Abführens von Wärme einer Druckgießform, Energietransfermechanismen und mögliche Medien
  • Bild 3: Wärmebilanz (Sankeydiagramm) einer Druckgießform, überschlägige Berechnung für ein Gussteil mit 2,2 kg Schussgewicht aus der Legierung Al Si9Cu3(Fe) und für eine Gießtemperatur von 620°C (beim Einpressvorgang) bzw. einer Entformtemperatur von 270°C