Wanddickeneinfluss

Abhängigkeit der mechanischen Eigenschaften von der Gussstückwanddicke.

Je langsamer die Abkühlungsgeschwindigkeit, d. h. je größer die Gussstückwanddicke ist, desto größer wird auch das Korn und umso geringer die Festigkeit.

Vor allem bei Gusseisen mit Lamellengrafit (GJL) ist ein deutlicher Wanddickeneinfluss erkennbar (Bild 1). Das Gefüge und damit die mechanischen Eigenschaften werden nicht nur von der chemischen Zusammensetzung der Legierung bestimmt, sondern maßgeblich von der jeweiligen Wanddicke. Der Wanddickeneinfluss ist in DIN EN 1561 berücksichtigt. Auch innerhalb eines Gussstückes besitzen dünnere Querschnitte eine höhere Festigkeit und Härte als massivere. Allerdings wird hierbei durch die gegenseitige Beeinflussung benachbarter Gussteilpartien die Wanddickenabhängigkeit der Eigenschaften gemildert.

Alle Gussteile, die aus demselben Eisen gegossen werden, gehören zur selben Werkstoffsorte, unabhängig von den im Gussstück anzutreffenden Eigenschaften. Dünnwandige Teile weisen eine höhere, dickwandige eine niedrigere Festigkeit auf als die jeweilige Nominalfestigkeit der betreffenden Sorte. Die geometriebedingten Eigenschaftsunterschiede, die sich auch auf den E-Modul und die Bearbeitbarkeit auswirken, müssen bei der Konstruktion berücksichtigt werden (siehe Gestaltung von Gussteilen, Gießgerechte Gestaltung, Gießgerechtes Konstruieren).

Ist die Wanddicke bei gegebener chemischer Zusammensetzung zu gering oder wird die Abkühlgeschwindigkeit durch zu schnell abkühlenden Formstoff oder durch Verwendung von Kühlkokillen zu stark erhöht, dann kann der Kohlenstoff während des Erstarrens der Schmelze nicht oder nicht mehr vollständig als Grafit auskristallisieren, sondern es bildet sich Eisenkarbid (Fe3C, Zementit).

  • Bild 1: Zu erwartende Mindestwerte der Zugfestigkeit (links) und Mittelwerte der Brinellhärte (rechts) in Abhängigkeit der Wanddicke im Gussteil, (nach H. Werning, „konstruieren +  giessen“ 2000, Nr. 2)