Magnetic Induction Casting

Ein Magnetfeld und Kurzschlussstrom am Steigrohrende direkt vor dem Kokilleneintritt bei Niederdruck-Gießanlagen ermöglicht ein turbulenzarmes, präzises Gießverfahren für den Aluminiumguss

Dabei wurde das Potenzial der Verzögerung der Füllgeschwindigkeit am Schmelzeeintritt, also ein aktives Bremsen und damit beruhigtes Füllen in Abhängigkeit der Ausbildung der Kavität, erhoben (Bild 1, Fill GmbH).

Die Druckkurve wird in Abhängigkeit der Höhen relativ zum Ofenbadspiegel verändert. Ein Absinken des Ofenbadspiegels muss in der Regelung kompensiert werden. Die Füllhöhe und die Drucksteigerungsrate ergeben im Verhältnis zum Querschnitt den Volumenstrom an, der sich einstellt, sobald die Schmelze durch den Überdruck im Ofen nach oben gedrückt wird. Die Erweiterung der Kavität hat somit einen Anstieg des geförderten Aluminiums durch das Steigrohr zur Folge. Bei konstantem Schmelzpegel steigt die Strömungsgeschwindigkeit. Eine Erweiterung der Kavität speziell nach der Angussbuchse resultiert daher in einer erheblichen Steigerung der Strömungsgeschwindigkeit im Steigrohr.

Dieser Anstieg führt zu Turbulenzen in der Schmelze. Um dennoch ein besonders turbulenzarmes Formfüllen zu realisieren muss die Schmelze aktiv gebremst werden. Gießfilter zum Zurückhalten von Oxiden (s. Oxideinschluss) dienen - nach Meinung erfahrener Gießer - auch speziell der Verzögerung der Schmelze. Somit kann ein Gießfilter ebenso als mechanische Strömungsbremse interpretiert werden. Die Siebe verursachen jedoch Kosten im Niederdruckgießprozess, einerseits durch die Siebe selbst und andererseits durch die Automatisierung der Siebsetzung sowie im Nachgang durch Bearbeitungsmaschinen zum Ausbohren der Siebe. Je nach Material ist das eingegossene Sieb im Kreislaufmaterial wieder einschmelzbar oder muss entsorgt werden. Die Lösung ist eine aktive Strömungsbremse, die in die Regelungs- und Steuerungstechnik integrierbar ist. So kann das Gießsieb, sofern es nur der Verzögerung der Schmelze dient, entfallen.

Bremseffekt der Schmelze durch Wirbelströme

Durch das Bewegen eines elektrischen Leiters - in diesem Fall Aluminium durch ein magnetisches Feld - werden in diesem Wirbelströme erzeugt, die durch das gebildete Gegenfeld die Schmelze bremsen. Diese Wirbelstrombremse funktioniert in Abhängigkeit der Geschwindigkeit. Bei zunehmender Strömungsgeschwindigkeit im Steigrohr erhöht sich der Bremseffekt. Wenn sich nun Kavitäten stark im Querschnitt normal zur Füllhöhe ändern, bremst die Magnetbox die Schmelze und es kommt zu einer turbulenzarmen Formfüllung (s. a. Formfüllzeit). Dieser Effekt ist selbstregelnd und ermöglicht die turbulenzarme Formfüllung unabhängig von komplizierten Druckkurven, die an die Kavität angepasst werden müssen. Zudem kompensiert die Magnetbox Fehler, die aus füllhöhenabhängigen Verschiebungen der Druckkurve resultieren.

Beispielsweise kommt es durch eine sich verändernde Ofengeometrie und entnommene Schmelze durch das Gussstück zu einer Abweichung des Vordrucks und der Füllhöhe. Die Druckänderungspunkte verschieben sich dadurch in der Senkrechten und weichen von den Punkten im Gießsystem ab. Das Magnetfeld ist steuerbar, das heißt, es kann in einer Feldstärke von 0-500 mT aktiviert und verändert werden. Diese Möglichkeit eröffnet die gezielte Beeinflussung des Gießprozesses. Es erlaubt auch, bei einem definiertem Bremseffekt und Gießprozess Permanentmagneten einzusetzen.

Diese Option bietet ein hohes Potenzial für die Serienproduktion gleicher oder ähnlicher GussstückeBild 2 (Fill GmbH) zeigt die Reduktion der Strömungsgeschwindigkeit im Steigrohr über die Zeit bei einer konstanten Drucksteigerung. Der Eintritt in die Kokille ist auf der Zeitachse gekennzeichnet. Das Steigrohr mit Innendurchmesser 60 mm erweitert sich in eine Kavität mit Innendurchmesser 200 mm.

Die magentafarbene Linie B=0 zeigt ein Überschwingen und einen Anstieg der mittleren Strömungsgeschwindigkeit im Steigrohr auf über 500 mm/s bei einer konstanten Drucksteigerung von 7 mbar/s. Bei aktiviertem Feld ergibt sich gegenüber dem Maximum eine Reduktion durch die Bremswirkung auf 270 mm/s ohne Überschwingen.

Kurzschlussstrom

Neben der Wirbelstrombremse, die durch das Magnetfeld bewirkt wird, wurde die Magnetbox von Fill so ausgestaltet, dass quer zum Magnetfeld ein Kurzschlussstrom durch die Schmelze geschickt werden kann. Die durch den Kurzschlussstrom zusätzlich aufgeprägte, senkrecht zum Magnetfeld gerichtete Stromdichte verstärkt die auf die Schmelze wirkende bremsende Kraft in erheblichem Ausmaß.

Die ideale Bremswirkung unter Kurzschlussstrom ist Bild 3 (Fill GmbH) zu entnehmen. Ein dauerhaft angelegter Kurzschlussstrom ruft eine zeitliche Verzögerung des Bremseffekts durch das Feld hervor (blaue Linie). Wird hingegen der Kurzschlussstrom ab dem Kokilleneintritt linear als Rampe auf 200 Ampere gesteigert, wie in Bild 4 (Fill GmbH) die orange Linie zeigt, kommt es zu einer noch größeren Bremswirkung, die durch die Magnetbox aktivierbar ist.

Die technische Ausführung erlaubt magnetische Flussdichten bis zu 500 mT und Kurzschlussströme bis zu 400 A.

Simulation der Prozessparameter

Durch die neuen Prozessparameter Feldstärke und Kurzschlussstrom und deren Regelung, die zur Drucksteigerung beim neuen Magnetic Induction Casting Prozess hinzukommen, wurde eine Simulation der Magnetbox entwickelt (Bild 5, Fill GmbH). Auf Basis von OpenFOAM entwickelte das HZDR Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf die Implementierung des magnetischen Feldes und des Kurzschlussstromes. Bild 6 (Fill GmbH) zeigt die Simulation des Gießprozesses in eine zylindrische Kavität: links mit Bremseffekt, rechts ohne Bremseffekt. Durch die Simulation kann eine Optimierung der Prozessparameter durchgeführt werden.

Bauteile, die in Füllsimulationen Oxideinschlüsse oder kritische Bereiche zeigen, können mit Hilfe der Simulation optimiert werden. Ziel der Magnetbox ist es, bestehende Produkte zu verbessern und die Qualitätsrate zu steigern. Bei neuen Produkten erlaubt die Simulation des Gießprozesses eine Verbesserung durch virtuelles Testen und so die Ermittlung der optimalen Gießparameter. Problemstellen können dadurch frühzeitig erkannt und durch zusätzliche Möglichkeiten im Prozess gelöst werden.

  • Bild 1: Schema Niederdruckgießprozess; Quelle: Fill GmbH
  • Bild 2: Bremseffekt, Anstieg der Strömungsgeschwindigkeit im Steigrohr in Abhängigkeit des Feldes; Quelle: Fill GmbH
  • Bild 3: Bremswirkung mit Kurzschlussstrom; Quelle: Fill GmbH
  • Bild 4: Bremswirkung mit Kurzschlussstrom mit noch größerer Bremswirkung; Quelle: Fill GmbH
  • Bild 5: Feldverteilung in der Magnetbox; Quelle: Fill Maschinenbau GmbH
  • Bild 6: Bremseffekt: links mit Magnetfeld, rechts ohne Magnetfeld; Quelle: Fill GmbH