Störelement

Spurenelemente beeinflussen im Gusseisen die Ausscheidungsform des Grafits, Ferrit-Perlit-Verhältnis und die Neigung zur metastabilen Erstarrung. Besonders beim Gusseisen mit Kugelgraphit führen eine Reihe von Spurenelementen zu Entartungen der kugeligen Grafitausbildung, so dass diese Elemente als „Störelemente“ bezeichnet werden. Solche Störeinflüsse wurden bei Anwesenheit von Blei, Wismut, Antimon, Zinn, Arsen, Aluminium, Cadmium, Silber, Uran, Gallium, Zink, Tellur, Thallium, Selen, Bor, Indium, Phosphor, Schwefel, Sauerstoff, Titan, Vanadium, Zirkon, Magnesium, Cer, Lanthan, Yttrium und Thorium nachgewiesen. Bei Anwesenheit höherer Konzentrationen fuhren auch Kupfer (vor allem in Verbindung mit den eben genannten Elementen), Mangan und auch Nickel zur Grafitentartung. Die technisch bedeutsamen Spurenelemente, wie Blei, Wismut, Zinn, Antimon, Titan, Arsen und Aluminium, werden nach in direkt und indirekt wirkende Elemente unterteilt. Darüber hinaus macht sich aber noch eine Unterteilung der direkt wirkenden Elemente in die im Eisen praktisch unlöslichen und in die darin nur gering löslichen Spuren notwendig.

Zur Gruppe der im Eisen nahezu unlöslichen Spurenelemente gehören vor allem Blei und Wismut. Eine erkennbare Störwirkung der Grafitausbildung setzt bereits bei Konzentrationen dieser Elemente in Größenordnungen von 1.10-3 % ein. Die Störwirkung beginnt mit dem Auftreten von wurmförmigen Grafiteinschlüssen oft unmittelbar neben ideal aufgebauten Sphärolithen (Bild 1). Nach Überschreitung einer Grenzkonzentration (Störschwelle) erfolgt ein schlagartiger Abfall des Kugelausbildungsgrades. Der Grafit ist dann entweder lamellar mit gespaltenen Ausläufen oder als temperkohleartig aufgebaute Kompakteinschlüsse ausgeschieden (Bild 2). Der Sekundärgraphit ist bevorzugt in Widmanstättenscher Anordnung erkennbar (Bild 3).

Der Einfluss des Anteils der indirekt wirkenden Störelemente ist gering, allerdings wirken Blei und Wismut additiv. Die Störschwellenkonzentration wird maßgeblich von der Abkühlungsgeschwindigkeit (Wanddicke, Seigerungen) bestimmt.

Von den direkt wirkenden Störelementen mit geringer Löslichkeit im Austenit, zu ihnen gehören vor allem Antimon, Zinn, Arsen, Magnesium (und Kupfer), wird die Grafitausbildung mit steigendem Störelementegehalt allmählich beeinträchtigt. Die Störwirkungen beginnen mit Einschnürungen auf der Sphärolithenoberfläche und gehen bei höheren Konzentrationen zum Krabben-, Schneeflocken- und Seesterngrafit über (Bilder 4 bis 6). Der Umfang der Störwirkung ist geringer von der Abkühlungsgeschwindigkeit, dafür aber ausgeprägter vom Anteil indirekt wirkender Störelemente abhängig. Eine additive Wirkung der Elemente dieser Gruppe ist wahrscheinlich.

Den indirekt wirkenden Störelementen ist eindeutig nur Titan zuzuordnen. Offenbar gehört aber auch Aluminium zu dieser Gruppe, obwohl bei diesem Element auch direkte Störungen beobachtet werden konnten. Der Störumfang von Titan und Aluminium ist außergewöhnlich vom Spurengehalt des Materials und ausgeprägt von der Abkühlungsgeschwindigkeit abhängig. Die Störungen der Grafitausbildung beginnen mit zunehmenden Titan- oder Aluminiumgehalten, zunächst kaum erkennbar (zum Teil kann sogar eine Verbesserung der Grafitausbildung beobachtet werden). Bei Überschreitung bestimmter Konzentrationen führen Titan und Aluminium zu einem raschen Abfall des Kugelausbildungsgrades, wobei die auftretenden Grafitformen (vornehmlich Lamellengrafit, z.T. neben gut ausgebildeten Sphärolithen) an von Blei und Wismut hervorgerufene Störungen erinnern (Bild 7).

Bei Aluminium-Silizium-Gusslegierungen wirkt im eutektischen und untereutektischen Bereich Phosphor als Störelement in bezug auf die Ausbildung eines feinkörnigen Eutektikums und Natrium oder Strontium wirken veredelnd, während im übereutektischen Legierungsbereich die Verhältnisse umgekehrt liegen und Natrium als Störelement gilt, Phosphor aber als Kornfeinungsmittel dient.

  • Bild 1: Grafitentartung infolge von Störelementeeinfluss (REM-Aufnahme)
  • Bild 2: Typische, häufig vorkommende Grafitentartung bei GJS, geätzt, 300:1
  • Bild 3: Widmannstätten-Graphit, spitze Fortsätze und leichter Saumbelag an den Grafitlamellen, ungeätzt, 500:1
  • Bild 4: „Seesterngrafit“ infolge erhöhter Titangehalte bei GJS (REM-Aufnahme)
  • Bild 5: EDX-Analyse aus dem gekennzeichneten Bereich in Bild 4
  • Bild 6: „Schneeflockengrafit“ infolge zu hoher Restmagnesiumgehalte (0,082%), ungeätzt, 200:1
  • Bild 7: Grafitentartung durch erhöhte Bleikonzentration. Die Störschwelle (Grenzkonzentration) ist offensichtlich überschritten (Pb-Gehalt 0,006%), eine schlagartiger Abfall der Kugelausbildung ist zu erkennen, 300:1